Das totale Versagen der Ampelregierung könnte einen fassungslos machen.
Eigentlich war die Konstellation günstig und attraktiv: Die Grünen und die FDP hätten sich zu einer Klimapolitik zusammenfinden können, in der marktwirtschaftliche Instrumente wie der Emissionshandel mit eventuell erforderlichen regulativen Instrumenten kombiniert werden, und die SPD sorgt nötigenfalls für die soziale Komponente.
Im Wahlprogramm der FDP war die Fokussierung auf den Emissionshandel und das Klimageld als Ausgleich bereits formuliert. Von den Grünen erwartet man habituell eher Regulierungen und Förderprogramme. Aber wenn die deutschen Dekarbonisierungsziele erreicht werden sollen, müssen ohnehin beide Maßnahmenregister zusammenwirken. Eine Zusammenarbeit der Parteien war also naheliegend.
Sowohl die Emissionsbepreisung als auch jede regulatorische Maßnahme können zudem ungerechte Verteilungseffekte haben. Diese müssten durch teils pauschale, teils gezielte soziale Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden, und zwar ohne dabei die Emissionsminderung zu sabotieren. Das ist möglich. Man muss dafür aber rechnen und denken können. Und man muss das Gemeinwohl als ganzes im Auge behalten.
In der Realität ist etwas völlig anderes geschehen. Man hat so getan, als wäre der Klimaschutz in Deutschland ein spezifisches Anliegen der Grünen, das die ›industrielle Basis‹ des Landes und den Wohlstand der Bevölkerung gefährdet, und die beiden anderen Parteien haben sich entsprechend systematisch um Bremsung und Blockade bemüht. Das Gebäudeenergiegesetz ist in diesem Zusammenhang nur eine besonders idiotische Episode. Der Emissionshandel als Kernelement der EU-Klimapolitik kommt in der öffentlichen Diskussion nur selten vor und man gewinnt den Eindruck, dass die Logik von Emissionsbepreisung und Klimageld weder in den Parteien noch in der Bevölkerung noch im journalistischen Milieu überhaupt verstanden wird. Das ist symptomatisch für die Lage, in der sich Deutschland jetzt beim Klimaschutz befindet.
Eine zielbewusst agierende und kooperierende Ampelregierung hätte vieles richtig machen können, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie dabei eine große Mehrheit der Bevölkerung hätte ›mitnehmen‹ können, auch ohne alle explizit dort ›abzuholen‹, wo sie gerade stehen oder stehen geblieben sind. Eine positive Einstellung zur Transformation als gemeinsamer Aufgabe ist nicht zuletzt ein Phänomen der Diskursatmosphäre. Und eine solche Atmosphäre liegt in der Verantwortung der politischen Akteure.
Die politischen Akteure bis hinauf zum Bundeskanzler müssen aber wohl der Auffassung gewesen sein, dass ihre Verantwortung darin bestehe, vorhandene Stimmungen zu sondieren und ohne Rücksicht auf Zukunft und Gemeinwohl parteipolitisches Kapital daraus zu schlagen. Und in Deutschland ist die Angst vor Veränderung und eventuellen Wohlstandseinbußen so präsent, dass das lautverstärkende Nachplappern dieser Ängste und das Ummünzen in eine Transformationsblockade ihnen als aussichtsreichstes Geschäftsmodell erschienen sein muss.
In den Disziplinen der Verblödung und Verrohung wie auch der Irrealisierung der Weltwahrnehmung ist aber die AfD ohnehin führend. Ein Konkurrieren auf diesem Feld wird nicht erfolgreich sein.
Eine realistische, verantwortliche Politik muss reale Probleme identifizieren, muss darüber befinden, welche davon Gegenstand von politischem Handeln sein könnnen, muss verschiedene mögliche Lösungen präsentieren und sie schließlich, meistens im Kompromiss, ›angehen‹. Inzwischen ist leider unklar, ob noch irgendeine der im Bundestag vertretenen Parteien diese recht einfache Aufgabenbeschreibung akzeptiert.